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Aktuelle Meldungen zum Thema Kreisfreiheit
Stellungnahme der Stadt Neu-Ulm zur Sitzungsvorlage zu TOP 9 der öffentlichen Sitzung des Kreistages vom 15.12.2017
Der Kreistag hat sich am 15. Dezember 2017 in öffentlicher Sitzung mit der möglichen Kreisfreiheit der Stadt Neu-Ulm beschäftigt und einen Sachstandsbericht vorgelegt. In diesem wurden einige Punkte aufgegriffen und erläutert, die aus Sicht der Stadt Neu-Ulm nicht richtig sind.
Im Folgenden finden sich die vom Landkreis dargestellten Inhalte und die entsprechenden Stellungnahmen der Stadt Neu-Ulm.
Aussage des Landratsamtes:
Es ist nicht der Fall, dass der Landkreis bereits heute sicher von seiner weiteren Leistungsfähigkeit auch ohne die Stadt Neu-Ulm ausgeht.
Stellungnahme der Stadt Neu-Ulm:
Die Leistungsfähigkeit des Landkreises wird im Rahmen der Berechnungen des Finanzministeriums geprüft werden. Aktuell sieht es so aus, dass der Landkreis im Jahr 2016 – nicht zuletzt aufgrund der hohen Kreisumlage von rund 79,1 Millionen Euro – einen erheblichen Überschuss in Höhe von 14 Millionen Euro erzielt hat. Aus den Jahren 2007 bis 2015 wird in der Bilanz zudem eine Überschussrücklage von rund 47,2 Millionen Euro ausgewiesen. Die liquiden Mittel liegen bei rund 22,7 Millionen Euro.
Sollte die Leistungsfähigkeit des Landkreises durch eine mögliche Kreisfreiheit der Stadt Neu-Ulm gefährdet sein, würde der städtische Antrag auf Kreisfreiheit durch den Freistaat nicht bewilligt werden. Nur wenn der Landkreis Neu-Ulm leistungsfähig bleibt, kann die Stadt Neu-Ulm kreisfrei werden. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch: Würde ein Antrag auf Kreisfreiheit durch die Stadt Neu-Ulm positiv beschieden, wäre zuvor nachgewiesen worden, dass der Landkreis auch ohne die Stadt Neu-Ulm leistungsfähig genug ist.
Aussage des Landratsamtes:
„(…) Für die Betreuung von Flüchtlingen, von anerkannten Personen in dezentralen Unterkünften (Fehlbelegern) oder gar in eigenen Wohnungen ist nicht das staatliche Landratsamt zuständig. (…).“
Stellungnahme der Stadt Neu-Ulm:
In Deutschland gibt es ein Sozialgesetzbuch. Genau genommen gibt es davon mehrere. Das Zwölfte sieht vor (Artikel 67 und 68) dass die Sozialbehörden (im Falle einer kreisangehörigen Stadt ist dies das Landratsamt) sämtliche Maßnahmen ergreifen müssen, um Personen mit vielfältigen Problemen zu unterstützen. Es handelt sich hierbei um Personen mit „Multiproblemlagen“. Hierzu gehören auch Personen, die im Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder eines befristeten Aufenthaltstitels sind und sich voraussichtlich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten. Diese Personen sollten seitens der Sozialbehörde Beratung und persönliche Unterstützung erhalten. Darüber hinaus auch Hilfe zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen und zur Gestaltung des Alltags sowie Unterstützung bei der Beschaffung einer Wohnung.
Aussage des Landratsamtes:
„Auch das Themenfeld Integration, das Aufgabe aller politischer und administrativer Ebenen ist, wurde als Beispiel angeführt, auf dem die Stadt Neu-Ulm im Falle einer Kreisfreiheit aktiver und selbständiger agieren könnte. Das kann sie bereits heute (…).“
Stellungnahme der Stadt Neu-Ulm:
Es ist richtig: Die Stadt agiert bereits heute im Bereich der Integration aktiv und selbständig. Eigens hierfür wurde die städtische Koordinierungsstelle „Integration, Flucht und Asyl“ geschaffen. Fakt ist aber, dass dies auf Basis einer freiwilligen organisatorischen, strategischen und finanziellen Leistung erfolgt. Darüber hinaus finanziert die Stadt über die Kreisumlage aber auch die Integrationsarbeit des Landkreises mit. Es gibt Kooperationen mit dem Landratsamt. Allerdings beschränken sich die meisten Kooperationen auf einzelne Veranstaltungen. Institutionelle Vereinbarungen und Vorgehensweisen gibt es nicht.
Obwohl es laut Sozialgesetzbuch keine primäre Aufgabe der Stadtverwaltung ist, erarbeitet die Stadt Neu-Ulm derzeit ein Integrationskonzept. Bei der Erarbeitung wurde deutlich, dass kürzere Wege und deutlich mehr Transparenz notwendig sind, um als Stadt den gestellten Aufgaben gerecht zu werden. Im Rahmen der täglichen Arbeit und der partizipatorischen Erarbeitung des Integrationskonzeptes erhalten wir vermehrt Rückmeldungen,
dass die Wege zu lang seien und nicht klar wäre, ob Mitarbeiter des Landratsamtes oder der Stadt die richtigen Ansprechpartner seien. Die alleinige Zuständigkeit würde die Integrationsbemühungen in der Stadt Neu-Ulm deutlich vereinfachen.
Aussage des Landratsamtes:
„Ein entscheidender Aspekt der aktuellen öffentlichen Diskussion ist die Annahme, die Stadt könne bedingt durch die Kreisfreiheit und die damit verbundene Zuständigkeit für den ÖPNV ein verbessertes Verkehrskonzept umsetzen. Unsere Prüfung hat ergeben, dass für die Stadt bereits jetzt die Möglichkeit besteht, die Aufgabenträgerschaft im Bereich ÖPNV zu übernehmen (…).“
Stellungnahme der Stadtverwaltung:
Ja, es ist richtig, dass die Stadt Neu-Ulm bereits jetzt, als kreisangehörige Stadt, die Aufgabenträgerschaft im Bereich des ÖPNV übernehmen könnte. Der entscheidende Aspekt, weshalb die Stadt diese nur scheinbar einfache Lösung nicht gewählt hat, wird hierbei allerdings nicht erwähnt: Die Stadt Neu-Ulm müsste im Falle einer solchen Lösung doppelt in die Tasche greifen: Mit Übertragung der Aufgabenträgerschaft an die Stadt Neu-Ulm als kreisangehörige Stadt würde der ÖPNV in Neu-Ulm nicht mehr durch den Landkreis, sondern durch die Stadt selbst finanziert. Hinzu kommt jedoch, dass die Stadt Neu-Ulm via Kreisumlage auch weiterhin den ÖPNV im Landkreis mitfinanziert. Die Stadt Neu-Ulm würde folglich für den ÖPNV doppelt in die Tasche greifen müssen. Aus Sicht der Stadt ist diese Doppel-Finanzierung keinesfalls akzeptabel. Eine doppelte finanzielle Belastung wäre darüber hinaus für die Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Neu-Ulm nicht zumutbar. Unabhängig davon würde eine Doppelfinanzierung bedeuten, dass Geld für andere Aufgabenbereiche und Investitionen fehlen würde. Nur als kreisfreie Stadt bezahlt die Stadt Neu-Ulm nur einmal für den ÖPNV! Und zwar für einen ÖPNV, der den Bedürfnissen der Neu-Ulmerinnen und Neu-Ulmer entspricht.
Aussage des Landratsamtes:
„Vereinzelt wird die Ansicht geäußert, dass mit einer Aufgabenübertragung in den Bereichen Soziales, Jugendhilfe und Pflege erweiterte politische Gestaltungsmöglichkeiten verbunden sind. Dazu merken wir an, dass das Landratsamt hier in erster Linie Gesetze des Bundes und des Landes zu vollziehen hat. Daran würde sich auch für die Stadt als Aufgabenträger nichts ändern (…).“
Stellungnahme der Stadt Neu-Ulm:
Gerade die Sozialpolitik profitiert von kleinräumigen Betrachtungen. Davon, dass die Bedürfnisse und Nöte an der Basis festgestellt werden. Selbstverständlich wird auch eine kreisfreie Stadt Neu-Ulm die Gesetze des Bundes und des Landes vollziehen. Das Landratsamt argumentiert allerdings selbst (im Bereich der Sozialraumanalyse), dass jede Kommune eigene Handlungsfelder ableiten kann. Je kleinteiliger der Bereich, in dem Handlungen erforderlich sind, desto effizienter können die Handlungsstrategien gestaltet werden. Es genügt nicht, die Stadt aus Sicht des Landkreises als Ganzes zu betrachten. Es ist nötig, die Stadt in kleine Handlungsgebiete aufzuteilen und punktuell Maßnahmen zu ergreifen – mit ggfs. direkten Auswirkungen auf die Sozialkassen.
Aussage des Landratsamtes:
„Die Region Donau-Iller hat beste Entwicklungschancen (…).“
Stellungnahme der Stadtverwaltung:
Die Region Donau-Iller hat hervorragende Entwicklungschancen. Darin besteht kein Zweifel. Dem Oberzentrum Ulm/Neu-Ulm kommt eine entsprechende Lokomotivfunktion zu, die beide Städte auch in hervorragender Weise erfüllen.
Sowohl Ulm als auch Neu-Ulm wachsen überdurchschnittlich gegenüber den Landkreisen Alb-Donau und Neu-Ulm – sowohl mit Bezug auf die Bevölkerung als auch die finanzielle Leistungsfähigkeit. Dies vor allem auch, weil beide Städte traditionell sehr gut zusammen- und miteinander arbeiten. Trotz dieser historisch bedingt und intensiv gepflegten guten Zusammenarbeit gäbe es noch einige Aufgabenfelder mehr, die auf „Augenhöhe“ bearbeitet werden könnten. Es gibt Themenbereiche, bei denen Neu-Ulm als kreisangehörige Stadt mangels Zuständigkeit bisher außen vor ist wie z.B. im Bereich der Alarmierung der Rettungsdienste und Feuerwehren. Diese Aufgabe obliegt dem Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Donau-Iller. Mitglied ist der Landkreis, nicht die Stadt. Auch hat die Stadt Neu-Ulm in dem aus stadtplanerischen Sicht wichtigen Bereich der Regionalplanung kein unmittelbares Mitspracherecht, da die Stadt in der Verbandsversammlung keinen Sitz hat; diese sind bei den Landkreisen und kreisfreien Städten. Gleich verhält es sich auf dem Gebiet des Nahverkehrsverbundes DING. Auch hier ist die Stadt kein Mitglied. Mitglieder sind die Landkreise und kreisfreien Städte. Die städtischen Interessen können nur über den „Umweg“ Kreis eingebracht werden.
Der Sachstandsbericht des Landratsamtes kann hier abgerufen werden:
Website Landratsamt Neu-Ulm