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Thema der Woche

13. November 2015

Wohnraumentwicklung in Neu-Ulm

Der Neu-Ulmer Stadtrat hat sich in seiner Sitzung am 28. Oktober mit der Wohnraumentwicklung in der Stadt beschäftigt. Am Ende der Diskussion wurde eines deutlich: Das starke Wachstum der vergangenen Jahre und die steigende Zahl der Flüchtlinge stellen die Stadt vor große Probleme. Damit die Nachfrage nach Wohnraum auch in Zukunft abgedeckt werden kann, hat der Rat eine Reihe von Maßnahmen verabschiedet. Der drohenden Wohnungsknappheit kann hierdurch allerdings nur bedingt entgegengesteuert werden. Oberbürgermeister Gerold Noerenberg wählte in der Sitzung klare Worte: „Wenn wir nicht ganz schnell handeln, dann geraten wir in eine soziale Katastrophe“.

Die Stadt Neu-Ulm hat dafür Sorge zu tragen, dass ihre Bewohner ausreichend und angemessen mit Wohnraum versorgt sind. Diese Versorgung betrifft sowohl die hiesigen als auch die zuziehenden Bürger. Die Stadtverwaltung ging noch im Frühjahr 2015 (entsprechend einer Bevölkerungsprognose aus dem Jahr 2014) davon aus, dass rund 330 neue Wohneinheiten pro Jahr nötig sein werden, um das Wachstum, das die Stadt haben wird, abzudecken. In dieser Bevölkerungsprognose war und ist jedoch der derzeitige Flüchtlingsstrom nicht einkalkuliert - schlicht und ergreifend, weil dieser damals noch nicht absehbar war.

Aktuell sind im Stadtgebiet ca. 600 Flüchtlinge untergebracht, bis Ende des Jahres kann mit einer Zahl von ungefähr 1.000 Asylbewerbern gerechnet werden. Die Stadtverwaltung geht davon aus, dass zwischen 25 und ca. 40 Prozent dieser 1.000 Schutzsuchenden einen Aufenthaltsstatus bekommen und in Neu-Ulm bleiben dürfen.

Um einen groben Anhaltspunkt für den Wohnraumbedarf anerkannter Flüchtlinge zu erhalten, ist von der angenommenen Zahl bleibeberechtigter Flüchtlinge der Anteil abzuziehen, der bereits als Ehegatte/Kind angereist ist, sodass letztendlich möglicherweise ca. 260 bis 350 Haushalte gegründet werden – je nachdem, wie hoch die hiesige Anerkennungsquote sein wird und in welcher Region sich die anerkannten Flüchtlinge ansiedeln möchten.
Diese Annahmen zugrunde legend, ist derzeit in Neu-Ulm von einem jährlichen Wohnraumbedarf von ca. 600 bis 650 Wohneinheiten auszugehen. 

Das sogenannte Wanderungssaldo für Neu-Ulm fällt demnach für die kommenden Jahre positiver aus, als ursprünglich angenommen. Gut die Hälfte der rund 650 zu bauenden Wohneinheiten werden Sozialwohnungen sein. Diese werden zum einen für Neu-Ulmer Bürger mit Wohnberechtigungsschein benötigt, zum anderen aber auch für die Asylbewerber, deren Asylantrag bewilligt wird.

Maßnahmen zur Entlastung des Wohnungsmarktes

Um auf den durch den gestiegenen Flüchtlingsstrom zu erwartenden Wohnraumbedarf reagieren zu können, soll die Entwicklung geeigneter Bauflächen, auf denen öffentlich geförderter Wohnraum möglich ist, beschleunigt werden. Weiterhin sollen provisorische Wohnmöglichkeiten für eine – bei Bedarf – vorübergehende Unterbringung von Obdachlosen und anerkannten Flüchtlingen geschaffen werden. Die wichtigsten Maßnahmen im Überblick:

  • Münsterblickstraße:
    Die städtische Wohnungsbaugesellschaft NUWOG plant und baut hier sechs mehrgeschossige Gebäude mit insgesamt rund 110 Wohneinheiten. Bei den Wohneinheiten handelt es sich sowohl um Sozialwohnungen als auch um Wohneinheiten, die über den freien Wohnungsmarkt vergeben werden. Die Bebauung soll schnellstmöglich vorangetrieben werden. Die Stadtverwaltung hofft, dass die ersten Wohnungen im Jahr 2017 bezogen werden können.

  • Tennishalle:
    Die alte, baufällige Tennishalle an der Augsburger Straße soll noch dieses Jahr abgerissen werden. Das Gelände bietet anschließend Platz für Behelfsbauwerke wie Wohncontainer, um eine zeitlich befristete Unterbringung von Bedürftigen zu ermöglichen.

  • Studentenwohnheim Wileystraße:
    Eines der vier bestehenden Studentenwohnheime in der Wileystraße soll kurzfristig zur Unterbringung obdachloser Familien umfunktioniert werden. Ein weiteres Wohnheim steht der Stadt voraussichtlich im Herbst 2016 als weitere Unterbringungsmöglichkeit zur Verfügung.

  • Wiley-Nord:
    Die städtebaulichen Planungen für das Wohnareal Curd-Jürgens-Straße in Wiley Nord werden beschleunigt. Hier können bis zu 170 Wohneinheiten entstehen.

  • Ulmer Riedteile:
    Die städtebaulichen Planungen für das Baugebeit „Ulmer Riedteile“ werden vorgezogen (2016). Hier sollen bis zu 380 neue Wohneinheiten bis zum Jahr 2021 entstehen.

Der Stadtrat stimmte den von der Verwaltung vorgeschlagenen Maßnahmen zu. Der Stadtrat beauftragte die Verwaltung außerdem,

  • im ersten Halbjahr 2016 auf Grundlage der neuen Bevölkerungsprognose 2016 ein Wohnbauland-entwicklungskonzept zu erarbeiten,
  • ein Modell zur Förderung kostengünstigen Wohnens zu entwickeln
    und
  • einen Aufruf zur Bereitstellung leerstehender Immobilien für den Wohnungsmarkt zur Unterbringung anerkannter Flüchtlinge in den Medien zu veröffentlichen.

Oberbürgermeister Gerold Noerenberg und die Stadträte betonten in der öffentlichen Sitzung, dass die Umsetzung dieser Maßnahmen nur ein erster Schritt sei. „Wir schaffen das, ist eine wunderbare Äußerung unserer Kanzlerin. Ich wüsste nur gerne, wie wir das schaffen sollen. Mit bloßem Willen ist noch keine einzige Wohnung geschaffen worden“, erklärte Noerenberg und fügte hinzu: „Das, was wir heute auf den Weg bringen, ist harmlos im Vergleich dazu, was noch auf uns zukommen wird“. Denn mit den beschlossenen Maßnahmen kann nicht einmal annähernd der errechnete Bedarf der kommenden Jahre abgedeckt werden. „Wir werden alles tun, um so viel wie möglich zu schaffen. Im schlimmsten Fall jedoch müssen wir uns darüber Gedanken machen, welche Turnhallen wir noch belegen müssen und wo wir Zeltstädte aufbauen können“, so der Oberbürgermeister.
 

Hintergrundinformationen

Im April 2015 kam der Stadtrat zu einer Klausur zum Thema „Der Neu-Ulmer Weg ins Jahr 2025“ zusammen. In der Klausur ging es in erster Linie um die Bevölkerungsentwicklung der Stadt Neu-Ulm und deren Auswirkungen. Ausgehend von der aktuellen Bevölkerungsprognose wurden in der Klausur Leitsätze erarbeitet, die als Orientierungsrahmen für das politische Handeln und die künftige Entwicklung der Stadt dienen sollen.
Die Leitsätze wurden in der Sitzung des Stadtrates am 8. Juni 2015 verabschiedet. Hinsichtlich der Wohnraumentwicklung wurde die Stadtverwaltung beauftragt, ein Konzept für ein moderat wachsendes Neu-Ulm zu erarbeiten.

Nur ein halbes Jahr später zeigt sich jedoch aufgrund der starken aktuellen Einwanderung eine geänderte Ausgangssituation. Obwohl bereits in den vergangenen Jahren 2011-2013 in Neu-Ulm sehr viele neue Wohnungen gebaut wurden (im Durchschnitt 400 Wohneinheiten pro Jahr), ist der Wohnungsmarkt weiter angespannt. Zum einen sind viele Wohnungen noch nicht vollständig realisiert, zum anderen steigt mit der wirtschaftlichen Entwicklung und der Schaffung neuer Arbeitsplätze die Nachfrage nach Wohnraum weiter an. 

Bereits ohne Berücksichtigung des aus dem diesjährigen Flüchtlingsstrom resultierenden Bedarfs an Wohnraum würde es nach heutigem Kenntnisstand ab 2018 zu einem Versorgungsengpass kommen. Um die Fertigstellung von Wohnungen in ausreicher Zahl zu ermöglichen, sind entsprechende Flächen zu entwickeln. 

Zielführend ist die Aufstellung eines Gesamtkonzeptes für die Neu-Ulmer Wohnraumentwicklung. Als Grundlage hierfür sollte die 2016 fortzuschreibende Bevölkerungsprognose herangezogen werden, sodass die Bedarfsprognose auf den aktuellsten Datengrundlagen basiert und die Wohnraumversorgung dementsprechend zuverlässiger eingeschätzt werden kann. Neben der Wanderungsanalyse werden im Rahmen der Bevölkerungsprognose relevante Aspekte wie Geburtenraten, Sterblichkeit, etc. neu ermittelt und bewertet.

Sitzungsunterlagen

Hier gelangen Sie zu den ausführlichen Sitzungsunterlagen im Rats- und Bürgerinfosystem:

Öffentliche Sitzung des Stadtrates, 28.10.2015
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