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Standortkonzept für Freiflächen-Photovoltaikanlagen im Neu-Ulmer Gebiet

Bereits im Jahr 2012 hat die Stadt Neu-Ulm eine Standortuntersuchung für Freiflächen-Photovoltaikanlagen (Freiflächen-PVA) durchgeführt, um die bestmöglichen Standorte für Solar-Freilandanlagen zu identifizieren. Im Rahmen der letzten Untersuchung konnten nur wenige geeignete Flächen identifiziert werden, die als sogenannte Vorrangbereiche für solare Energiegewinnung in den Flächennutzungsplan aufgenommen wurden.

Da der Ausbau der erneuerbaren Energien bundesweit vorangetrieben werden soll, hat der Planungs- und Umweltausschuss Ende 2020 beschlossen, die Standortuntersuchung mit Blick auf eine mögliche Ausweitung der Vorrangbereiche zu aktualisieren. Entsprechende Untersuchungen wurden in den vergangenen Monaten durchgeführt.

Das Ergebnis der Untersuchung kann im Folgenden eingesehen werden.

Hintergrund / Motivation

In Deutschland und weltweit werden die Folgen des Klimawandels immer sicht- und spürbarer. Unter anderem führen Extremwetterereignisse wie Starkregen zu hohen Personen- und Sachschäden, Dürren gefährden Ernten und die Lebensmittelsicherheit, und Hitzewellen beeinträchtigen die menschliche Gesundheit erheblich. Es ist unumstritten, dass auf allen Ebenen die Anstrengungen zur Begrenzung des Klimawandels intensiviert werden müssen. Ein wesentlicher Baustein stellt hierbei die Substitution, also das Ersetzen fossiler Energieträger durch erneuerbare Energiequellen dar.

Neben den negativen Umwelt- und Klimafolgen, die durch Gewinnung und Nutzung fossiler Energieträger entstehen, wird auch die Knappheit und die Abhängigkeit von diesen Energiequellen zunehmend zum Problem. Insbesondere der russische Angriffskrieg in der Ukraine verdeutlicht, welche Gefahren eine Abhängigkeit von Importen fossiler Energieträger birgt und wie wichtig eine unabhängige Energieversorgung ist. Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist daher auch unter diesen Gesichtspunkten unabdingbar und von hoher Priorität.  

Vor diesem Hintergrund beabsichtigt die Bundesregierung den Ausbau der erneuerbaren Energien (EE) zügig voranzutreiben. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist dabei das wichtigste Steuerungsinstrument. Erst im Juli 2022 wurde die Novelle des EEG, das sog. „Osterpaket“, beschlossen, wodurch der Ausbau der erneuerbaren Energien erheblich beschleunigt und die Stromversorgung deutlich schneller auf regenerative Energiequellen umgestellt werden soll. Konkret sieht das EEG 2023 vor, dass im Jahr 2030 mindestens 80 % (im EEG 2021 waren es noch 65 %) des verbrauchten Stroms aus EE stammen soll (§ 1 EEG 2023). Nach dem Ausbaupfad (§ 4 EEG 2023) soll das Ziel durch einen jährlichen Zubau an Windenergie- (On- und Offshore) sowie Solar- und Biomasseanlagen erreicht werden. Konkret ist vorgesehen, die installierte Photovoltaik-Leistung bis 2030 um 370 % zu erhöhen.

Gestärkt wird der beschleunigte Ausbau erneuerbarer Energien durch die jüngste Baugesetzbuch-Novelle. Seit dem 01. Januar 2023 sind gem. § 35 Abs. 1 Nr. 8 b) BauGB Freiflächen-Photovoltaikanlagen entlang von Autobahnen und bestimmten mehrgleisigen Schienenwegen mit einer Entfernung von bis zu 200 m ab Fahrbahnrand / Gleisbett privilegiert. Demnach muss in diesen Bereichen kein Bebauungsplan zur Schaffung von Baurecht mehr aufgestellt werden. Für die Flächen außerhalb der privilegierten Korridore sind weiterhin Bauleitplanverfahren erforderlich. 

Einige Bundesländer haben ergänzend zum EEG ein eigenes Klimaschutzgesetz verabschiedet, in welchem ebenfalls Ziele zum Ausbau der EE enthalten sind. Baden-Württemberg beispielsweise hat sich dazu verpflichtet, mindestens 2 % der Landesfläche für den Ausbau der EE (Wind- und Solarenergie) bereitzustellen. Dazu sollen die Regionalverbände geeignete Flächen in den Regionalplänen ausweisen. 
 

Ziel der Stadt Neu-Ulm: 150 ha für Energieerzeugung mittels Solaranlagen

In Bayern gibt es keine gesetzliche Grundlage, die Zubau- oder Ausbauziele für Freiflächen-Photovoltaikanlagen vorgibt. Eine Studie der Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft (FfE) sieht für Bayern eine Erhöhung von 300% der installierten PV-Leistung vor. In Anlehnung an das „Wind an Land Gesetz“, in dem vorgeschrieben ist, dass bis 2032 1,8 % der Landesfläche in Bayern für Windkraftanlagen ausgewiesen werden sollen, und unter Berücksichtigung der lokalen Potenziale für Erneuerbare Energien, hat sich die Stadt Neu-Ulm das Flächenziel von 150 ha für die erneuerbare Energieerzeugung mittels Solaranlagen gesetzt.

Da es bei Freiflächen-Photovoltaik um eine raumbedeutsame Nutzung handelt, muss das Thema auf gesamtstädtischer Ebene betrachtet werden. Nur so können die verschiedenen Nutzungsansprüche an den Raum berücksichtigt und in Einklang gebracht bzw. Konflikte vermieden werden. 

Grundlagen zu Freiflächen-Photovoltaikanlagen

Definition und Anlagentypen

Allgemein werden unter Freiflächen-Photovoltaikanlagen (auch Photovoltaik-Freiflächenanlagen genannt) Solarmodule verstanden, die auf Acker- oder Grünflächen im Außenbereich aufgeständert werden. Mehrere solcher Anlagen im Verbund, in der Regel auf einer Fläche, werden als Solarpark bezeichnet. 

Bei Freiflächen-PVA kann zwischen verschiedenen Systemen unterschieden werden. Der bislang häufigste Anlagentyp ist die festinstallierte, aufgeständerte Anlage. Die Solarmodule werden hier auf Metallgestelle aufgebracht und in langen parallelen Reihen mit ausreichend Abstand zueinander aufgestellt, sodass Verschattungen vermieden werden. Ausrichtung und Neigungswinkel werden dabei so gewählt, dass die Solarmodule bestmöglich zur Sonne stehen und entsprechend hohe Erträge erzielen. Ergänzt werden kann dieser Anlagentyp durch ein Nachführsystem, ein sog. Tracker-System, sodass die Anlagen dem Sonnenstand im Tagesverlauf folgen. In der Praxis werden die Anlagen jedoch nur selten nachgeführt, da die Installation eines entsprechenden Systems sehr kostenintensiv ist.  

Eine Sonderform der Freiflächen-PVA ist die sogenannte Agri-Photovoltaik (Agri-PV). Hierbei werden die Anlagen so aufgestellt, dass eine landwirtschaftliche Nutzung weiterhin möglich ist und die Fläche der Landwirtschaft nicht entzogen wird. Sie eignen sich besonders gut für den Anbau von Sonderkulturen und lassen sich in zwei Systeme unterscheiden:

  • Agri-PV mit gewöhnlichen Solarmodulen: Bei dieser Variante werden die Solarmodule auf Metallgestelle aufgebracht und, im Gegensatz zu den Standardanlagen, so hoch über dem Boden installiert, dass landwirtschaftliche Fahrzeuge unter ihnen hindurch fahren können. 
     
  • Agri-PV mit bifazialen Solarmodulen: Hierbei werden keine gewöhnlichen Solarmodule, sondern sog. bifaziale Solarmodule verwendet. Diese nutzen sowohl die direkte Einstrahlung auf der Vorderseite als auch indirektes Licht auf der Rückseite. Daher werden diese Solarmodule häufig senkrecht und in Ost-West-Richtung installiert. Ähnlich wie bei den Standardanlagen können die Anlagen in parallelen Reihen aufgestellt werden. Der Abstand der einzelnen Reihen kann dabei so groß gewählt werden, dass die Befahrung der Fläche mit landwirtschaftlichen Maschinen weiterhin möglich bleibt. Alternativ können die bifazialen Module auch in Weidezäune integriert werden. Darüber hinaus sind bifaziale Solarmodule nicht auf die Agri-PV beschränkt. Sie können ebenso bei Standardanlagen eingesetzt werden. 

Neben vorgenannten PVA gibt es noch sogenannte schwimmende Photovoltaikanlagen (Floating-PV) auf Wasserflächen, insbesondere auf künstlichen Seen, und PV auf ehemaligen Moorböden (Moor-PV), wobei die Moorböden vor Installation wiedervernässt werden. 

Sowohl Agri- als auch Floating- oder Moor-PV bieten große Potenziale, sind aber derzeit noch in der Entwicklung und Erprobung.

Da sich die Sonderformen noch nicht auf dem Markt etabliert haben, sind die angewandten Kriterien der vorliegenden Standortuntersuchung auf die festinstallierten Standardanlagen ausgerichtet. 

Rechtliche Rahmenbedingungen

Bauplanungsrecht: 

Seit dem 01. Januar 2023 sind gem. § 35 Abs. 1 Nr. 8b Baugesetzbuch (BauGB) Freiflächen-PVA entlang von Autobahnen oder Schienenwegen des übergeordneten Netzes i. S. d. § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) mit mindestens zwei Hauptgleisen und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 m, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, grundsätzlich bauplanungsrechtlich zulässig (privilegiert). Demnach ist für Anlagen innerhalb der genannten Korridore kein Bebauungsplan mehr erforderlich. Die Zulässigkeit von entsprechenden Vorhaben wird im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens unter Beteiligung der berührten Behörden geprüft. Hierbei ist zu beachten, dass die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien gem. § 2 EEG im überragenden öffentlichen Interesse liegen.

Freiflächen-PVA im Außenbereich, die außerhalb der o.g. Korridore errichtet werden sollen, unterliegen weiterhin keiner  Privilegierung nach § 35 BauGB. Daher muss mittels eines öffentlichen Bebauungsplanverfahrens Baurecht geschaffen werden. Die Flächen sind entsprechend im Flächennutzungsplan (FNP) darzustellen (ggf. Parallelverfahren).

Im Neu-Ulmer Stadtgebiet sind von der Privilegierung die Flächen entlang der Bundesautobahn A 7 und entlang der Bahnstrecke Ulm-Augsburg betroffen. 
 

Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2023: 

Das EEG ist das wichtigste Steuerungsinstrument der Bundesregierung und verankert die energiepolitischen Ziele zum Aus- und Zubau der EE. Um eine Steuerungswirkung zu entfalten, hat der Gesetzgeber eine Flächenkulisse definiert, innerhalb derer Einspeisevergütungen für Standard-Freiflächen-PVA gewährt werden. So werden Freiflächen-PVA vorzugsweise in den Bereichen realisiert, in denen bereits eine bauliche Vorbelastung besteht und/oder eine Nutzung durch die Landwirtschaft nur mit geringem Ertrag möglich ist. 

Gemäß § 37 EEG 2023 sind Anlagen mit einer Nennleistung ab 1 MWp bis maximal 50 MWp in folgenden Bereichen förderfähig: 

  • auf Konversionsflächen
  • in Randstreifen entlang von Autobahnen und Schienenwegen mit einer max. Entfernung von 500 m, gemessen vom äußeren Fahrbahnrand 
  • in per Landesverordnung (Freiflächen-Verordnung) definierten landwirtschaftlich benachteiligten Gebieten.

Um eine Förderung zu erhalten, müssen die jeweiligen Freiflächen-PVA im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen, der zu diesem Zweck aufgestellt wurde, oder die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 8 b) BauGB erfüllen. 

Die vorherigen Ausführungen gelten nicht für die Sonderformen Agri-, Floating- und Moor-PV. Hierfür hat der Gesetzgeber eine eigene Förderkulisse geschaffen, auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangen wird.  

Nutzungskonflikte / Konflikte mit Schutzgütern und naturverträgliche Gestaltung von Solarparks

Grundsätzlich ist Fläche ein nicht vermehrbares, endliches Gut. Durch die Belegung einer Fläche mit Freiflächen-PVA wird diese anderen Nutzungen entzogen und es kann zu Nutzungskonflikten kommen. Auch Konflikte mit Schutzgütern sind nicht ausgeschlossen. Insbesondere der Boden-, Arten- und Landschaftsschutz steht häufig in Konkurrenz zur Solarpark-Nutzung. Agri-PV ermöglicht zwar weiterhin eine landwirtschaftliche Nutzung, aber v.a. hoch aufgeständerte Anlagen können zu verschiedenen Konflikten mit Schutzgütern führen (z.B. Kulissenwirkung, Beeinträchtigung Landschaftsbild etc.). 

Einige Best-Practice-Beispiele zeigen, dass sich Nutzungskonflikte und Konflikte mit Schutzgütern durch entsprechende Maßnahmen reduzieren lassen. Eine der Maßnahmen, die sich bereits in vielen Fällen bewährt hat, ist das Festlegen eines Kriterienkatalogs zur Planung und Gestaltung von einzelnen Solarparks. In diesem können insbesondere solche Anforderungen verankert werden, die nicht im Bebauungsplan festgesetzt werden können, aber eine naturverträgliche Nutzung fördern und im Vergleich zum Ausgangszustand eine ökologische Aufwertung bewirken. Hierzu wurde für die Stadt Neu-Ulm ein entsprechender Kriterienkatalog ausgearbeitet (siehe Kriterien zur Anlagengestaltung und Wahrung kommunaler Interessen). 

Standortuntersuchung 2022

Untersuchungsumfang

Der Umgriff der Standortkonzeption erstreckt sich auf das gesamte Stadtgebiet. Jedoch wurden die Flächen, die bereits durch eine Nutzung belegt sind, die nicht mit der Errichtung von Freiflächen-PVA vereinbar ist, nicht weiter untersucht. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Siedlungs- und Verkehrsflächen sowie Wald- und Wasserflächen (grau dargestellte Flächen).

Gegenstand der Untersuchung waren demnach alle Flächen, die im Flächennutzungsplan (FNP) 2025 der Stadt Neu-Ulm als Flächen der Landwirtschaft dargestellt sind, wobei Hofstellen und andere landwirtschaftliche Betriebsstätten ebenfalls von der Untersuchung ausgenommen wurden.   

 

Planungsmethodik und Kriterien zur Standortermittlung

Aufgrund der Aktualität des Themas wurden in den letzten Jahren auf Bundes- und Landesebene diverse Studien und Forschungen zur Planung von Solarparks durchgeführt, deren Ergebnisse in verschiedenen Leitfäden und sonstiger Literatur fixiert wurden. Unter anderem greift das Rundschreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr zur bau- und landesplanerischen Behandlung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen vom 10.12.2021 sowie der Praxis-Leitfaden für die ökologische Gestaltung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen des Bayerischen Landesamts für Umwelt aus dem Jahr 2014 verschiedene Aspekte, die bei der Planung von Freiflächen-PVA zu beachten und zu berücksichtigen sind, auf. Beide wurden zur Überarbeitung / Aktualisierung des Bewertungsrahmens herangezogen. Ebenfalls eingeflossen sind eigene Erfahrungen zur Aufstellung von Bewertungsrahmen.

Insgesamt wurden 17 Kriterien festgelegt, die sich, entsprechend ihrer Wirkung, als Ausschluss- oder Restriktionskriterium kategorisieren lassen. Sofern ein Ausschlusskriterium (Kriterien 1 bis 9) zum Tragen kommt, wird die Fläche als ungeeignet eingestuft (rot dargestellt). Sollte ein Restriktionskriterium (Kriterien 10 bis 17) einschlägig sein, wird die Fläche als Restriktionsfläche, d.h. als eingeschränkt geeignet, eingestuft (orange dargestellt). Zu den Ausschlusskriterien zählen z.B. rechtskräftige Schutzgebiete, Überschwemmungsgebiete, Flächen für städtische Ausgleichsmaßnahmen. Bodendenkmäler, kartierte Biotope und Moorböden beispielsweise werden als Restriktionskriterien geführt. 

In Anlehnung an die oben aufgeführten Leitfäden und Handlungsempfehlungen wären die regionalplanerischen Vorgaben „Vorranggebiet (VRG) Regionaler Grünzug, Vorbehaltsgebiet (VBG) Landwirtschaft und VBG vorbeugender Hochwasserschutz“ ebenfalls als Ausschluss- bzw. Restriktionskriterium zu werten. In Absprache mit dem Regionalverband Donau-Iller (RVDI) kann hiervon abgesehen werden, wenn eine Einzelfallprüfung der jeweiligen Fläche erfolgt. Da auf Ebene der überörtlichen Planung, auf der die vorliegende Standortuntersuchung einzuordnen ist, nie alle Belange abschließend geprüft werden können, ist im Rahmen des Bauleitplan- oder Baugenehmigungsverfahren immer eine weitere Prüfung (Einzelfallprüfung) vorzunehmen. Daher kann hier der Bedingung des RVDI nachgekommen werden. Folglich sind die Flächen als potenzielle Eignungsflächen einzustufen. 

Flächen ,auf denen kein festgelegtes Standortkriterium einschlägig ist, sind ebenfalls als potenzielle Eignungsflächen zu werten. 
 

Sonderfall Privilegierung: 

Um § 35 Abs. 1 Nr. 8 b) BauGB zu entsprechen (siehe Ausführungen unter „Rechtliche Rahmenbedingungen“), werden alle Flächen auf denen Freiflächen-PVA privilegiert sind, d.h. Flächen mit einer Entfernung von bis zu 200 m gemessen ab Gleisbett / Fahrbahnrand, entlang der Bahnlinie Ulm – Augsburg und der Autobahn A 7 liegen, als potenzielle Eignungsflächen eingestuft. Die Standortkriterien finden innerhalb dieser Bereiche keine Anwendung.

Siedlungs- und Verkehrsflächen werden nicht zur Errichtung von Freiflächen-PVA geeignet sein und sind daher ausgenommen. Waldflächen hingegen unterliegen grundsätzlich der Privilegierung. Die Zulässigkeit der Errichtung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen wäre hier im Baugenehmigungsverfahren unter Beteiligung der betroffenen Behörden zu prüfen. Ggf.  müssen noch weitere Genehmigungen eingeholt werden. Es ist davon auszugehen, dass dem Vorhaben auf bewaldeten Flächen im Regelfall öffentliche Belange entgegenstehen werden, weshalb die Waldflächen im Rahmen der Standortuntersuchung weiterhin als Flächen, die durch eine andere Nutzung belegt sind und die nicht mit der Nutzung als Freiflächen-PVA vereinbar ist, eingestuft werden. 
 

Abstufung innerhalb der potenziellen Eignungsflächen

Entsprechend der vorangegangenen Ausführungen ergeben sich 3 Arten von Potenzialflächen

  • Potenzialflächen, die in den Regionalen Grünzug, das VBG Landwirtschaft und / oder das VBG vorbeugender Hochwasserschutz fallen
  • Potenzialflächen, auf denen kein Standortkriterium zu verorten ist
  • Potenzialflächen, auf denen die Freiflächen-PVA der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 8 b) BauGB unterliegen. 

Da es sich bei den Potenzialflächen, die der Privilegierung unterliegen, zugleich um förderfähige Standorte gem. EEG 2023 handelt und hier bereits von Gesetzes wegen Baurecht für die Errichtung von Freiflächen-PVA besteht, d.h. keine Bauleitplanung mehr erforderlich ist, werden diese Flächen als potenzielle Eignungsflächen mit der Priorität A eingestuft. Ebenso werden drei als Sekundär- und Konversionsflächen identifizierte Standorte, auf denen keine Standortkriterien zum Tragen kommen, als Eignungsflächen mit der Priorität A eingestuft. Hier muss jedoch ein Bebauungsplan aufgestellt werden. Diese Flächen sind vorrangig mit Freiflächen-PV zu überbauen.

Die restlichen Potenzialflächen werden als potenzielle Eignungsflächen mit Priorität B eingestuft. Diese Flächen sind nachrangig zur Nutzung solarer Energiegewinnung heranzuziehen. 

Ergebnis

Das Standortkonzept für Freiflächen-Photovoltaikanlagen im Stadtgebiet Neu-Ulm ist in der interaktiven Karte im Geodatenportal der Stadt Neu-Ulm abgebildet. Über das Plus- bzw. Minus-Symbol am rechten oberen Rand der interaktiven Karte können Sie den Kartenauschnitt vergrößern bzw. verändern. Bei Aufruf der Karte am Smartphone können Sie den Kartenausschnitt auch durch das Verschieben und Hinein- sowie Herauszoomen mit den Fingern verändern.

Der Plan steht zusätzlich auch als PDF-Datei im Abschnitt Unterlagen zum Download zur Verfügung.

Insgesamt ergeben sich folgende 5 Kategorien:
 

Potenzielle Eignungsflächen mit Priorität A (grün)

Privilegierung gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 8 b) BauGB liegt vor oder Sekundär-/Konversionsfläche

Insgesamt wurden Flächen von ca. 383 ha als Potenzialflächen mit Priorität A identifiziert. Das entspricht ca. 4,7 % der Fläche des Stadtgebiets

Dabei umfassen die Flächen entlang der Bahnstrecke Ulm–Augsburg und der Autobahn A 7, die der Privilegierung unterliegen und nicht als Siedlungs-, Verkehr- oder Waldfläche genutzt werden, insgesamt ca. 377 ha. Die größten zusammenhängenden Bereiche finden sich nördlich und südlich der Bahnlinie im Bereich zwischen Pfuhl und Burlafingen sowie westlich und östlich der A 7 im Bereich von Holzschwang.
Die drei Konversions- bzw. Sekundärflächen finden sich im nördlichen Stadtgebiet. Sie umfassen eine Fläche von ca. 6,7 ha (<0,1 % der Stadtgebietsfläche).

 

Potenzielle Eignungsflächen mit Priorität B (orange/grün schraffiert) 

Privilegierung gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 8 b) BauGB liegt nicht vor 

Die größten potenziellen Eignungsflächen mit Priorität B finden sich im südlichen Stadtgebiet zwischen Gerlenhofen, Reutti und Holzschwang. Auch westlich von Wiley, Ludwigsfeld und Gerlenhofen sowie nordwestlich von Burlafingen konnten Eignungsflächen mit Priorität B identifiziert werden. 

Insgesamt umfassen die potenziellen Eignungsflächen mit der Priorität B eine Gesamtfläche von ca. 397 ha, was ca. 4,9 % der Fläche des Stadtgebiets entspricht. 

 

Restriktionsflächen – Gebiete mit einschränkenden Kriterien (orange) 

Ein Großteil der landwirtschaftlichen Fläche ist aufgrund ihrer hohen Bonität (Ackerzahl > 60 bis ≤ 75) als Restriktionsfläche einzustufen. Zum Teil überlagern sich diese Fläche zusätzlich mit anderen Restriktionskriterien, wie z.B. Bodendenkmälern, Moorböden, Landschaftsbereiche, die für die Naherholung von hoher Bedeutung sind und weitere. Die Restriktionsflächen verteilen sich quer über das Stadtgebiet und umfassen insgesamt eine Fläche von ca. 1.234 ha, was in etwa 15,2 % der Fläche des Stadtgebiets entspricht. 

 

Ungeeignete Flächen (rot) 

Gebiete, die aufgrund von ausschließenden Kriterien für die Errichtung von Freiflächen-PVA nicht geeignet sind

Die für Freiflächen-PVA ungeeigneten Flächen finden sich im Wesentlichen mittig des Stadtgebiets. Die Verteilung ähnelt einem Gürtel, wobei er im Norden durch die Stadtteile Ludwigsfeld, Schwaighofen, Pfuhl, und Burlafingen und südlich und westlich durch die Stadtteile Gerlenhofen, Jedelhausen, Reutti, Finningen und Steinheim begrenzt wird. Das ist insbesondere auf die Ausschlusskriterien „Biotopverbund Donau-Iller“ (Projektgebiet des bayernweiten Biotopverbunds (BayernNetzNatur)) und das rechtskräftige Landschaftsschutzgebiet „Finninger, Pfuhler und Bauernried“ zurückzuführen. 

Insgesamt sind ca. 2.006 ha, was ca. 24,8 % der Stadtgebietsfläche entspricht, als ungeeignet eingestuft. 

 

Nicht untersuchte Flächen (grau) 

Flächen, die durch andere Nutzungen belegt sind und nicht mit der Nutzung als Freiflächen-PVA vereinbar sind

Die Flächen, die aufgrund ihrer bestehenden Nutzung nicht näher untersucht wurden, umfassen im Wesentlichen die Siedlungsbereiche sowie die Waldflächen. Auch Fließgewässer wie Donau und Iller sowie andere Wasserflächen, wie die Badeseen in Pfuhl und Ludwigsfeld, waren nicht Gegenstand der Untersuchung.

In der Summe sind Flächen mit einem Umgriff von ca. 4.068 ha, d.h. ca. 50,2 % der Stadtgebietsfläche nicht mit der Nutzung als Freiflächen-PVA vereinbar. 

 

Um das städtische Ausbauziel von 150 ha zu erreichen, sind aus städtischer Sicht vorrangig die potenziellen Eignungsflächen mit Priorität A zur Installation von Freiflächen-PVA zu nutzen. Potenzielle Eignungsflächen mit Priorität B hingegen sind nachrangig mit Freiflächen-PVA zu überbauen. Hier ist grundsätzlich eine Einzelfallprüfung im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens durchzuführen. 
Als potenzielle Standorte ausgeschlossen sind die Flächen, die entweder als Restriktionsflächen oder als ungeeignete Flächen identifiziert wurden. Hier ist die Installation von Freiflächen-PVA nicht möglich. 

Weitere Kriterien und Sonderformen der Nutzung solarer Energie

Standortbezogene Einzelfallprüfung

Sowohl die Potenzialflächen mit der Priorität A als auch die Potenzialflächen mit der Priorität B unterliegen noch weiteren standortbezogenen Kriterien, die auf der übergeordneten Planungsebene des Standortkonzepts nicht geprüft werden können. Gegebenenfalls ergeben sich Auflagen / Einschränkungen für die jeweilige Planung. 

Im Einzelfall müssen u.a. folgende standortbezogene Kriterien geprüft werden. Die Liste ist nicht abschließend: 

  • Eigentümerinteressen
  • Gesetzlich geschützte Biotope nach § 30 BNatSchG i.V.m. Art. 23 BayNatSchG
  • Einhalten eines Mindestabstands / Respektabstands zu vorhandener Bebauung
  • Nahbereich eines Bodendenkmals, sog. „Bereich der Vermutung“ (ca. 200 m um bekanntes Bodendenkmal)
  • Faktische Überschwemmungsgebiete
  • Baumfallgrenze
  • Freihalten von Mastbereichen und Schutzstreifen im Bereich von Leitungen 
  • Flächeninanspruchnahme durch die DB, z.B. im Bereich der geplanten Illertalbahn für Gleisbau, Aufstellung von Masten zur Elektrifizierung der Strecke, Baustelleneinrichtungen etc.
  • Störströme und Störungen durch elektrische und magnetische Felder durch Freileitungen, Stromschienen, Kabel etc.
  • Anbauverbots- und Anbaubeschränkungszonen gem. § 9 FStrG entlang von Autobahnen und Bundesfernstraßen und entlang von Staats- und Kreisstraßen gem. Art. 23 Abs. 1 S.1 Nr. 2 BayStrWG
  • Vertragsnaturschutzprogramm
  • Wirtschaftlichkeit, insbesondere in Bezug auf Netzanschluss und -kapazität, Topografie, erforderliche Altlastensanierungen, Ausdehnung und Größe der Anlage etc.

Kriterien zur Anlagengestaltung und Wahrung kommunaler Interessen 

Wie bereits unter „Nutzungskonflikte“ dargestellt, empfiehlt es sich, Kriterien zur Gestaltung von Solarparks vorzugeben, um so etwaige Nutzungskonflikte mit anderen Schutzgütern zu mindern. So können Freiflächen-Photovoltaikanlagen bei guter Planung, Umsetzung und Unterhalt nicht nur zur Erreichung von energiepolitischen Zielen beitragen, sondern auch Vorteile für Bürgerinnen und Bürger, die regionale Wertschöpfung sowie für den Natur- und Artenschutz bieten. Durch eine naturverträgliche Gestaltung von Solarparks kann u.a. neuer Lebensraum für Tiere und Pflanzen geschaffen, die Biodiversität gefördert und einen Beitrag zum Biotopverbund geleistet werden. 

Um die größtmöglichen Synergieeffekte zu erzielen, wurden Kriterien entwickelt, die den Mindeststandard von Solarparks im Neu-Ulmer Gebiet definieren. Sie zielen auf die Vermeidung und Verminderung von Konflikten mit anderen Nutzungen und Schutzgütern, wie z.B. dem Landschaftsbild und Naturschutz, ab und fördern darüber hinaus die Arten- und Strukturvielfalt in der Landschaft. 

Im Rahmen der detaillierten Anlagenplanung sind daher die nachfolgenden Kriterien zu berücksichtigen. Interessenten, die auf dem Gebiet der Stadt Neu-Ulm einen Solarpark errichten wollen, müssen gegenüber der Stadtverwaltung nachvollziehbar darlegen, inwieweit ihre geplanten Projekte den Kriterien entsprechen und wie sie ihr Projekt im Hinblick auf die darin benannten Aspekte ausgestalten werden. In dem Konzept ist ferner darzustellen, welches Schutzziel bzw. welche erwünschte Aufwertung erreicht werden soll. Ein formeller Rahmen wird nicht vorgegeben. 

Für die nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Freiflächen-Photovoltaikanlagen entlang von Autobahnen und bestimmten Schienenwegen mit einem Abstand von bis zu 200 m, gemessen ab Fahrbahnrand (potenziellen Eignungsflächen mit der Priorität A) ist die Aufstellung eines Bebauungsplans zur Schaffung von Baurecht nicht mehr erforderlich. Dennoch sollten die nachfolgenden Kriterien auch bei diesen Vorhaben Berücksichtigung finden. 

Kriterien:

Die nachstehenden Kriterien wurden in einer Handreichung für Investoren und Projektierer zusammengefasst. Da bei privilegierten Vorhaben kein Bebauungsplan erforderlich ist, wurde der Katalog für diese Planungen entsprechend modifiziert. Beide Handreichungen stehen im Bereich Unterlagen zum Download zur Verfügung.

  1. Versiegelung / Überstellung:
    • Die Versiegelung der Fläche ist so gering wie möglich zu halten: Inklusive aller Fundamente und Nebenanlangen soll die Versiegelung maximal 5% der Gesamtfläche betragen.
    • Fahrwege können als Schotterrasen angelegt werden.
       
  2. Landschaftsbild:
    • Die Freiflächen-Photovoltaikanlagen sind in das Landschaftsbild zu integrieren. Der Projektierer muss durch geeignete Visualisierungen oder Sichtbarkeitsanalysen nachweisen, dass sich die Freiflächen-PVA in das Landschaftsbild integriert.
    • Die Bauweise muss an die Topographie angepasst werden.
    • Um die Freiflächen-PVA in die Landschaft einzubinden, ist entlang des Zauns nach außen eine naturnahe Eingrünung vorzunehmen. Es sind ausschließlich laubtragende, standortheimische Gehölze, Sträucher und Stauden zu verwenden. Die Auswirkung auf Offenlandarten ist zuvor zu prüfen. Bei negativer Auswirkung, z.B. Kulissenwirkung, ist auf eine Eingrünung zu verzichten.
    • Zur Vermeidung einer optischen Barriere ist eine transparente Umzäunung zu wählen. Intransparente, dichte und hohe Metallzäune sind unzulässig.
       
  3. Natur- und Artenschutz / Biotopverbund:
    • Der nach der Eingriffsregelung ermittelte Ausgleichbedarf ist nach Möglichkeit vollständig auf Fläche der Freiflächen-PV zu erbringen und nachzuweisen. Hierzu sind hochwertige Ausgleichsflächen anzulegen. In der Regel kann die naturnahe Eingrünung (s. Punkt 2) angerechnet werden.
    • Der Abstand zwischen den Modulreihen bzw. der Grad der Besonnung ist entsprechend dem projektspezifischem Schutzziel bzw. der erwünschten Aufwertung zu wählen. Bei mittleren bis trockenen Standorten muss er jedoch mindestens  2,50 m betragen. 
    • Der Abstand zwischen der Unterkante des Solarmoduls zum Boden muss mindestens 0,80 m betragen, um das Wandern von Tieren, insbesondere auch bei Beweidung, zu ermöglichen. 
    • Auf der Fläche sind vielfältige Strukturen, wie z.B. Steinhaufen, Schotterflächen, sandige Flächen, Kleingewässer, Feuchtflächen etc., und Brutmöglichkeiten für Offenlandarten zu schaffen. Denkbar ist auch das Aufstellen von Insektenhotels und das Aufhängen von Nistkästen für Höhlen- und Halbhöhlenbrüter.
    • Bei der Ansaat ist autochthones Saatgut oder Heudrusch nahegelegener, artenreicher Wiesen zu verwenden.
    • Um die Kleintiergängigkeit zu gewährleisten muss der Abstand zwischen der Zaununterkante und dem Boden mindesten 0,15 m betragen. Bei Beweidung mit Geflügel kann von diesem Abstand abgesehen werden, wenn die Maschen in Bodennähe ausreichend groß gewählt werden.
    • Auf der Fläche dürfen kein Dünger / Gülle ausgebracht oder chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Weiter ist die Reinigung der Module mit Chemikalien untersagt.
    • Die Offenhaltung der Fläche kann durch Beweidung oder durch Mahd erfolgen. Bei der Mahd sind folgende Vorgaben einzuhalten:
      • Zweimalige Mahd ab dem 15. Juni eines Kalenderjahres. Sofern eine Verschattung von Solarmodulen droht, kann an den Modulkanten früher gemäht werden.
      • Das Mähgut muss abtransportiert werden. 
      • Die Fläche ist abschnittsweise zu mähen. Bestenfalls wird nur jede zweite Reihe gemäht, sodass sich die Tiere in die nicht gemähten Bereiche flüchten können. Die zweite Hälfte soll erst gemäht werden, wenn die gemähten Flächen wieder nachwachsen. 
      • Unkräuter, die sich nachteilig auf benachbarte, landwirtschaftliche Flächen auswirken (z.B. Disteln o.ä.) sind ggf. mechanisch vor dem Samenflug in einer früheren Mahd zu beseitigen.
    • Bei großflächigen Anlagen über 10 ha sind Querungshilfen bzw. Migrationskorridore für Großsäuger, wie z.B. Rehe und Wildschweine, einzuplanen. Hierzu ist eine Untergliederung in Modulfelder von 2 – 3 ha Größe vorzunehmen. Die Trennkorridore sollten eine Breite von 50 m aufweisen und mit einer Anpflanzung von Gehölzen als Leitlinie kombiniert werden.
    • Bei Umsetzung der Baumaßnahmen ist eine ökologische Baubegleitung einzusetzen.
    • Durchführen eines Monitorings für die Dauer von 5 Jahren nach Inbetriebnahme, um die Entwicklung des Naturhaushalts auf der Anlagenfläche zu dokumentieren (Umsetzungs- und Funktionskontrolle).
    • Der Betreiber muss durch eine fachgerechte Pflege der Anlagenfläche sicherstellen, dass die Bewirtschaftung benachbarter, landwirtschaftlich genutzter Flächen nicht beeinträchtigt wird.
       
  4. Landwirtschaftliche Betroffenheit:
    • Landwirte sind transparent zu den Chancen und Risiken zu informieren, die sich durch die Verpachtung einer Fläche zur Nutzung als Solarpark ergeben.
    • Vornehmlich sind Eigentümer anzusprechen, die ihr Land bereits heute selbst bewirtschaften. Werden verpachtete Landstücke beansprucht, so ist darauf zu achten, dass betroffene Pachtbetriebe nicht betriebsgefährdend benachteiligt werden. 
    • Bei Photovoltaikanlagen, auf deren Flächen gleichzeitig Kulturpflanzen angebaut werden (Agri-PV), insbesondere bei Anlagen mit hochaufgeständerten oder bifazialen Modulen, kann von den Kriterien zu Landschaftsbild (s. Punkt 2) und Natur- und Artenschutz / Biotopverbund (s. Punkt 3) abgewichen werden.
       
  5. Regenwasserbewirtschaftung:
    • Die Niederschläge sollen in der Fläche verbleiben und vor Ort versickert werden. Die Versickerungen sind oberflächig und möglichst breitflächig auszuführen, z.B. in Mulden oder Gräben. Sofern Feuchtbiotope, wechselfeuchte Bereiche o.Ä. auf der Fläche angelegt werden, kann das Niederschlagswasser hierzu genutzt und eingeleitet werden.
    • Um eine ausreichende Versickerung sicherzustellen, ist die Tiefe der Modulreihen auf max. 6,50 m zu begrenzen.
       
  6. Brandschutz:
    • Das Baugrundstück und die baulichen Anlagen müssen zugänglich sein. Die Zugänglichkeit ist derart herzustellen, dass keine Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung entstehen können und dass die im öffentlichen Interesse tätigen Kraftfahrzeuge das Grundstück sicher erreichen können sowie im Gefahrenfall notwenige Bewegungsfreiheit, insbesondere für Feuerlösch- und Rettungsfahrzeuge und -geräte, gewährleistet ist.
    • Vom Betreiber ist in Absprache mit der Feuerwehr ein Feuerwehrplan nach DIN 14 095 zu erstellen und der örtlichen Feuerwehr zur Verfügung zu stellen. In den Plänen sollte die Leitungsführung bis zum/zu den Wechselrichter/-n und von dort bis zum Übergabepunkt des Energieversorgungsunternehmens erkennbar sein. Hinsichtlich einer eventuellen Objektplanung (Alarmplanung) sollte eine eindeutige Alarmadresse von der Gemeinde zugeordnet werden. Für die gewaltlose Zugänglichkeit ist in Absprache mit der Feuerwehr ein Feuerwehr-Schlüsseldepot Typ 1 (nicht VdS-anerkannt) oder eine Doppelschließung (Feuerwehrschließung) am Zufahrtstor vorzusehen.
       
  7. Netzanbindung:
    • Die Anbindung der Freiflächen-Photovoltaikanlagen an das Stromnetz soll per Erdverkabelung erfolgen. Vorgelagert sollte eine Prüfung erfolgen mit welchem Aufwand die Einspeisung in das Stromnetz verbunden ist. Eine Anbindung an eine Oberleitung muss im Bedarfsfall geprüft werden
    • Vorrangig ist die Einspeisung zur Direktversorgung regional ansässiger Unternehmen anzustreben.
       
  8. Regionale Wertschöpfung / Wahrung kommunaler Interessen:
    • Um die Bürgerinnen und Bürger Neu-Ulms in die Erzeugung von erneuerbaren Energien mit einzubeziehen, sind Bürgerbeteiligungen an Freiflächen-Photovoltaikanlagen möglich.
    • Gewerbesteuereinnahmen sollen zu annähernd 100 % (so hoch wie es das Steuerrecht zulässt) der Stadt Neu-Ulm zukommen, d.h. der Betriebssitz soll so weit als möglich in das Gemeindegebiet gelegt werden. Darüber ist ein städtebaulicher Vertrag zu schließen, der auch Verkaufsfälle erfasst.
    • Gemäß § 6 Abs. 3 EEG können bei Freiflächen-Anlagen den betroffenen Gemeinden Beträge von insgesamt 0,2 Cent pro Kilowattstunde für die tatsächlich eingespeiste Strommenge angeboten werden. Ein entsprechendes Angebot seitens des Antragstellers wird ausdrücklich begrüßt.
    • Es ist eine Rückbauverpflichtung zu übernehmen – das Baurecht wird nur auf Zeit und nur für diesen Zweck geschaffen.
    • Sämtliche Kosten der Bauleitplanung trägt der Antragsteller, inklusive der Verwaltungsleistungen, die nach Stunden abgerechnet werden.
    • Die Wahrung kommunaler Interessen regelt ein städtebaulicher Vertrag. Dies umfasst u. a. die Verpflichtung des Projektentwicklers zum Rückbau nach Ablauf der Betriebslaufzeit, die verbindliche Formulierung von Aspekten der Projektausgestaltung, sowie Sanktionsmöglichkeiten bei Nichteinhaltung von Vertragsgegenständen.
       
  9. Zubaumenge:
    Der Stadtrat behält sich vor, zu einem späteren Zeitpunkt angesichts der bis dahin installierten Solarleistung zu beschließen, dass kein weiterer Zubau von Solaranlagen auf Freiflächen mehr erfolgen soll.

Gesonderte Betrachtung von Agri-Photovoltaik

Agri-PV stellt, wie unter „Definition und Anlagentypen“ ausgeführt, eine Sonderform der Freiflächen-PV dar. Die Anlagen werden hierbei entweder so hoch oder senkrecht mit so großem Abstand aufgeständert, dass landwirtschaftliche Maschinen die Fläche darunter bzw. dazwischen noch befahren können. Die Flächen können so in der Bewirtschaftung verbleiben und werden der Landwirtschaft nicht entzogen. Daher können die Anlagen auch auf Potenzialflächen und darüber hinaus, entgegen der Kriterien bzw. der Ergebnisse der Standortuntersuchung, grundsätzlich auch auf Flächen mit landwirtschaftlich hoher und sehr hoher Bonität errichtet werden. Voraussetzung ist, dass keine anderen Ausschluss- oder Restriktionskriterien einschlägig sind. Eine Einzelfallbetrachtung ist in jedem Fall durchzuführen. 

 

Solarthermie

Neben Strom kann auch Wärme aus Sonnenenergie gewonnen werden. Die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm beabsichtigen den Ausbau von Solarthermie und des Fernwärmenetzes. Da Solarthermieanlagen die gleichen Anforderungen an den Raum stellen wie PVA, sind grundsätzlich alle für Freiflächen-PVA geeigneten Flächen auch für Solarthermie geeignet. 

Fazit und weiteres Vorgehen

Wie die vorausgehenden Ausführungen zeigen, lastet auf den Freiflächen schon heute ein hoher Flächendruck. Viele konkurrierende Nutzungen machen ihre Ansprüche an den Raum geltend. Da es sich bei der Freiflächen-Photovoltaik um eine raumbedeutsame Nutzung handelt, ist eine gesamtstädtische Betrachtung erforderlich, um Konflikte mit anderen Nutzungen und Schutzgütern zu vermeiden und vermindern. Diese wurde im Rahmen der vorliegenden Standortuntersuchung für Freiflächen-PVA durchgeführt. 

Alle landwirtschaftlichen Freiflächen wurden anhand eines Kriterienkatalogs auf ihre Eignung als Standort geprüft. Im Ergebnis konnten potenzielle Eignungsflächen mit Priorität A (383 ha) und mit Priorität B (397 ha) sowie Restriktionsflächen (1.234 ha) und ungeeignete Flächen (2.006 ha) identifiziert werden. 

Die Eignungsflächen beider Prioritäten eignen sich aus städtischer Sicht grundsätzlich als Standorte für Freiflächen-PVA. Es wird jedoch angestrebt, die Potenzialflächen mit der Priorität  A vorrangig zu bebauen, insbesondere aufgrund der Verfahrensvereinfachung, die der Gesetzgeber durch die Privilegierung der Freiflächen-PVA auf diesen Flächen geschaffen hat. 

Die Betrachtung der Potenzialflächen erfolgte nicht flurstücksscharf. Vielmehr wird ein Flächenpool dargestellt, mit welchem sich Anfragen von Investoren und Projektierern besser steuern lassen. Zudem können diese vorab über die Eignung der Standorte informiert werden. 

Mit der vorliegenden Standortkonzeption hat die Stadt ein Instrument an der Hand, um Freiflächen-PVA im Stadtgebiet gezielt und schrittweise auszubauen.

Es ist nicht vorgesehen, sämtliche Potenzialflächen zu entwickeln. Vielmehr kann aus dem Flächenpool des vorliegenden Konzepts in den nächsten Jahren bedarfsgerecht und nach vertiefter Einzelfallprüfung die konkrete Zulassung einer Freiflächen-Photovoltaikanlage erfolgen. 

Kontakt

Alena Didion
Abteilung Stadtplanung / Landschaftsplanung
Tel. (0731) 7050-3108
Fax (0731) 7050-3199
E-Mail: a.didion@neu-ulm.de
Zimmer 315 a, 3. Stock

Stadt Neu-Ulm
Augsburger Straße 15
89231 Neu-Ulm